Wie Golf mein Spiel und mein Leben ruiniert

Achtung Satire!?

Im Juli 2017 meldete ich mich zu einem 4-monatigen sogenannten Golf-Special an. Und so nahm das Schicksal seinen Lauf.

Völlig begeistert verbrachte ich jede freie Minute auf den Übungsanlagen des Golfclubs Hohenhardter Hof. Die Gruppenstunden brachten mich in Kontakt mit vielen netten Leuten, die ebenso angetan waren von diesem tollen Sport.

Ausgerüstet mit Leihbag und -schläger zog ich los und war von Anfang an fasziniert: Draußen sein in der Natur, nette Gespräche führen, über den perfekten Golfschlag und über Techniken philosophieren. Einfach toll.

Die Platzreifeprüfung im September 2017 ging sozusagen automatisch. Im folgenden Jahr die ersten 8 Turniere gespielt und schwups war mein Handicap im August schon bei 21,3. Ich spielte einfach wie im Rausch, hatte keine Ahnung, wie man Netto- oder Bruttopunkte berechnet oder welche Taktik auf welcher Bahn am besten wäre. Einfach drauf (und) los.

Im September schlich sich leider ein Schulterproblem ein und eine Krankheit unseres Hundes verhinderte weitere Turnierteilnahmen. Fand ich nicht schlimm, ich hatte ja mein Ziel für 2018 erreicht (HCP weniger als 30).

Und diese Saison / 2019?

Natürlich sollte es 2019 genauso gut weiter gehen. Pustekuchen. Plötzlich begriff ich das Netto-System und was die Striche bzw. Vorgaben auf jeder Bahn bedeuteten. Selbst meine Weitsichtigkeit (! nicht verwechseln, ich rede von meiner Sehschwäche!), die es mir schwer macht, die Scorekarte richtig zu lesen, vereitelt dies nicht. Mittlerweile weiß ich ganz genau, wie viel Schläge ich wo „vor habe“.

Es gibt aber noch weitere Gründe für mein Versagen.

Früher war ich in den Turnier-Flights noch ein Unbekannter. Mittlerweile kenne ich viele Mitstreiter und so ist man immer gleich in Gespräche verwickelt. So fehlt es mir manchmal an Konzentration. Dann stehe ich vor dem Ball und sollte eigentlich nur in meiner Ansprechphase sein – doch …

Und da gibt es ja noch die Technik

Am Anfang war da der Pro und mein erstes Golfbuch. Fertig. Jetzt gibt es unzählige Ratgeber und Videos, die mir teilweise sicher geholfen haben, doch wenn man vor dem Ball steht und sich fragt, ob der Griff nun korrekt ist, die Balllage doch noch mehr links – oder war es bei dieser Lage eher rechts? Ach ja, vergiss nicht wieder die Schulter zu drehen und den linken Arm gerade zu halten. Ach was, das wird schon – zack draufhalten und (?) einen schönen Slice betrachten, weil man wieder die Arme angezogen hat.

Nein, letzteres weiß ich nicht wirklich; es hört sich nur besser an, wenn man es anschließend mit „Chickenwing“ kommentiert.

Und das Material

Wie schon geschrieben, am Anfang war da das Leihbag mit Eisen 7, 9 und SW und Holz. Das Holz habe ich nie benutzt und hab in der PR-Prüfung trotzdem 27 Nettopunkte gespielt. Dann holte ich mir ein ungefittetes preisreduziertes Cobra-Eisen-Set bei all4golf.de und ließ mir vom Pro ein Holz und einen Driver aus dem Vorjahr geben (nach ein paar Probeschlägen versteht sich, aber ein Fitting war es nicht wirklich). Damit spielte ich auch ganz brauchbar.

Doch dann kam mir das Wort „Fitting“ immer häufiger in die Quere. So wurde das Eisenset durch ein gefittetes Set + Wedges ersetzt. Die Wedges machten mein kurzes Spiel noch besser, doch im Ergebnis meines Scores sah man nichts davon. Immerhin habe ich weniger Schmerzen im Ellenbogen. Das ist ja schon viel wert, vermutlich, denn Gesundheit geht vor. Doch sicher bin ich mir nicht – für einen besseren Score würde ich sogar die Schmerzen wieder in Kauf nehmen.

Wirklich desillusioniert war ich in Thailand. Dort spielte ich mit geliehenen Schläger aus dem letzten Jahrtausend (Yamaha hat tatsächlich auch mal Golfschläger hergestellt). Und trotzdem spielte ich gutes Golf. Wie konnte das denn sein? Plötzlich stellte ich meine ganze tolle Ausrüstung infrage. Keine gute Voraussetzung für ein sorgenfreies, unbeschwertes Golfen.

Und meine Träume

Vom einstelligen Handicap? Nein, meine wirklichen Träume, die mich täglich, äh nächtlich heimsuchen. Ja, das stimmt, ich träume tatsächlich von diesem Sport. Das kam in meinem ganzen Leben noch nie vor. Ich bin mit dem Mountainbike zweimal über die Alpen gefahren, war viel mit Kumpels auf dem Bolzplatz, war regelmäßig joggen oder im Fitness-Studio, habe ein paar Bälle auf dem Tennisplatz geschlagen – doch davon träumen? Nein.

Und mein Leben

Habe ich jemals soviel über eine Tätigkeit gesprochen wie über den Golfsport? Habe ich nach einer Alpenetappe jeden Gangwechsel dokumentiert oder mich an einem gelungenen Tennisschlag so gefreut wie beim Golfen? Habe ich meiner Partnerin oder meinem Umfeld stundenlang von tollen Fairways und gelungenen Annäherungen oder Abschlägen berichtet?
Ja, ich bin schuldig. Mein Leben dreht sich immer mehr um dieses Thema. Mein Beruf hat mir immer Spaß gemacht und jetzt?

Und die Abhängigkeit

Bei den Alkoholikern ist der erste Schritt, die Abhängigkeit zuzugeben. Ja ich bin abhängig oder auf dem besten Weg dahin.

Wikipedia sagt da übrigens folgendes zu:

Abhängigkeit (umgangssprachlich Sucht) bezeichnet in der Medizin das unabweisbare Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand. Diesem Verlangen werden die Kräfte des Verstandes untergeordnet. Es beeinträchtigt die freie Entfaltung einer Persönlichkeit und beeinträchtigt die sozialen Chancen eines Individuums.[1] In zahlreichen offiziellen und inoffiziellen Einrichtungen wird der Begriff „Sucht“ allerdings weiterhin verwendet.

Und was lerne ich daraus?

Keine Ahnung. Ich muss erstmal auf dem Golfplatz meine Schläge mit dem 5er-Eisen verbessern. Und wenn ich schon da bin, könnte ich auch gleich noch die Bunkerschläge üben und wenn die Zeit es dann noch zulässt, schiebe ich noch 9 Löcher auf dem Kurzplatz rein …

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